Bei Konzerten von Depeche Mode herrscht stets gute Stimmung. An diesem Abend in Wien war mir diese allerdings schon zu gut. Weichet all jene, die weniger als die Hälfte aller DM-Alben besitzen.
Mein viertes DM-Konzert. Bei ebenso vielen Tourneen. Alle gingen in der Wiener Stadthalle über die Bühne. Wie gerne hätte ich ein Konzert zu "Music For The Masses" gesehen. Man erinnere sich an "101". Leider kam das alles für mich um ein paar Jahre zu früh. So erlebte ich mein Debut am 23.06.1993 im Rahmen der Tournee zu "Songs Of Faith And Devotion". Ein unvergessliches Konzert. Gründe dafür gab es unzählige: Zuallererst dieses unglaubliche Album. Gemeinsam mit "Music For The Masses" mein DM-Favorit. Dann das Erscheinungsbild von Dave Gahan: Ein Knochengerüst mit Bart und langen Haaren. Ein Mann am Höhepunkt seiner Junkie-Laufbahn. Und was man im Zusammenhang mit dieser Tournee nicht vergessen darf: Es waren die letzten Konzerte mit Alan Wilder, dessen Abgang mich heute noch schmerzt. Auch musikalisch. Seitdem er die Band verließ, lieferten DM zwar drei hervorragende Alben ab, im Nachhinein betrachtet, fehlten jedoch die unvergesslichen Klassiker. Die gab es zuletzt, als Alan Wilder noch mit an Bord war. Vielleicht ein Zufall. Vielleicht auch nicht. Der Vollständigkeit halber: 16.09.1998: "The Singles 86-98". 11.09.2001: "Exciter" (man beachte das Datum). Beides großartige Konzerte. An das erste Mal konnten sie jedoch nicht heranreichen.
Das düster fesselnde - mancherorts auch als "sperriges Alterswerk" bezeichnete - "Playing The Angel" brachte DM nun ein weiteres Mal nach Wien. Die Stadthalle war hoffnungslos ausverkauft. Das war nicht immer so. Ich kann mich noch gut erinnern: Damals bei der Tour zu "Songs Of Faith And Devotion" blieben die Räumlichkeiten zu einem Drittel leer. Wo waren damals all die Leute, die heute bei "Enjoy The Silence" hemmungslos ausflippen? Die Songs der darauffolgenden beiden Alben können kaum der Grund dafür sein, dass heute die Massen zu DM-Konzerten pilgern, sind diese in der Setlist zur aktuellen Tour doch kaum zu finden. Stattdessen setzen DM auf jenes Liedgut, nachdem vom Durchschnittskonsumenten verlangt wird: Die Greatest Hits. Genau jene Mischung, die schon bei den letzten beiden Tourneen für Begeisterung sorgte. Ausnahmen gab es wenige. "Shake The Disease" rein. "Stripped" raus. Freude versus Trauer.
Die Bühne zur aktuellen Tour entwarf wieder einmal DM-Intimus Anton Corbijn. Futuristisch ist sie geworden. Spacig und abgefahren. Keyboards wie kleine Ufos. Dahinter riesige Leinwände, auf denen Video- und Live-Bilder gezeigt wurden. Mal Strichzeichnungen. Mal grotesk verfremdete Momentaufnahmen. Seitlich eine überdimensionale Kugel, die via Laufzeilen skurrile Botschaften verbreitete. Dazu präsentierte sich Band-Exzentriker Martin Gore als eine Art gefallener Engel. Mit schwarzen Flügeln und einer ebensolchen Irokesenhaube. Und Dave Gahan? Was für ein Poser. Showman par excellence. Peinlichkeiten ausgeschlossen. Daran änderte nichts, dass er auch diesmal seinen nackten Oberkörper zur Schau stellen musste. Gehört dazu. Warum auch nicht. Der Mann scheint ohnehin nicht zu altern. Was auch für die Musik von DM gilt. Man könnte das Gesehene also durchaus als perfekte Show bezeichnen. Wäre da nicht dieses zweifelhafte Drumherum gewesen. Wo sind die Zeiten geblieben, als man sich bei DM-Konzerten als Nicht-Schwarzträger wie ein Außenstehender vorkam? Wo sind die Zeiten geblieben des hemmungslosen Vorsichhinleidens? Nix da "Pain And Suffering In Various Tempos". Denn mit dem Wechsel vom Synthie-Pop zum Mainstream-Rock hat sich auch das Publikum gewandelt. Natürlich nicht erst heute. Trotzdem überkam mich an diesem Abend erstmals bei einer DM-Show das Gefühl, mitten in einem verdammten U2-Konzert gelandet zu sein. Nicht falsch verstehen: Ich liebe DM. Daran wird sich auch nichts ändern. Ob ich mir allerdings einen weiteren ihrer Gigs antun werde, ist bei solch einem Umfeld zu bezweifeln. Mich nervt einfach dieses Übermaß an Konzert-Touristen mit ihrem unerträglichen Party-Gehabe. Was mich dann auch soweit brachte, bereits bei "Never Let Me Down Again" - dem vorletzten Song des Abends - den Ort des Geschehens zu verlassen. So eine Art Selbstschutz. Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen, wie eine gesamte Halle ein Lied mitgrölte, das mir so unendlich viel bedeutet. "Where Were You While We Were Getting High?"
Depeche Mode / The Bravery
16.02.2006 - Wien, Stadthalle.
[depechemode.com]
[thebravery.com]
Setlist:
A Pain That I'm Used To / John The Revelator / A Question Of Time / Policy Of Truth / Precious / Walking In My Shoes / Suffer Well / Damaged People / Home / I Want It All / The Sinner In Me / I Feel You / Behind The Wheel / World In My Eyes / Personal Jesus / Enjoy The Silence.
Encore 1: Shake The Disease / Just Can't Get Enough / Everything Counts.
Encore 2: Never Let Me Down Again / Goodnight Lovers.

Das düster fesselnde - mancherorts auch als "sperriges Alterswerk" bezeichnete - "Playing The Angel" brachte DM nun ein weiteres Mal nach Wien. Die Stadthalle war hoffnungslos ausverkauft. Das war nicht immer so. Ich kann mich noch gut erinnern: Damals bei der Tour zu "Songs Of Faith And Devotion" blieben die Räumlichkeiten zu einem Drittel leer. Wo waren damals all die Leute, die heute bei "Enjoy The Silence" hemmungslos ausflippen? Die Songs der darauffolgenden beiden Alben können kaum der Grund dafür sein, dass heute die Massen zu DM-Konzerten pilgern, sind diese in der Setlist zur aktuellen Tour doch kaum zu finden. Stattdessen setzen DM auf jenes Liedgut, nachdem vom Durchschnittskonsumenten verlangt wird: Die Greatest Hits. Genau jene Mischung, die schon bei den letzten beiden Tourneen für Begeisterung sorgte. Ausnahmen gab es wenige. "Shake The Disease" rein. "Stripped" raus. Freude versus Trauer.
Die Bühne zur aktuellen Tour entwarf wieder einmal DM-Intimus Anton Corbijn. Futuristisch ist sie geworden. Spacig und abgefahren. Keyboards wie kleine Ufos. Dahinter riesige Leinwände, auf denen Video- und Live-Bilder gezeigt wurden. Mal Strichzeichnungen. Mal grotesk verfremdete Momentaufnahmen. Seitlich eine überdimensionale Kugel, die via Laufzeilen skurrile Botschaften verbreitete. Dazu präsentierte sich Band-Exzentriker Martin Gore als eine Art gefallener Engel. Mit schwarzen Flügeln und einer ebensolchen Irokesenhaube. Und Dave Gahan? Was für ein Poser. Showman par excellence. Peinlichkeiten ausgeschlossen. Daran änderte nichts, dass er auch diesmal seinen nackten Oberkörper zur Schau stellen musste. Gehört dazu. Warum auch nicht. Der Mann scheint ohnehin nicht zu altern. Was auch für die Musik von DM gilt. Man könnte das Gesehene also durchaus als perfekte Show bezeichnen. Wäre da nicht dieses zweifelhafte Drumherum gewesen. Wo sind die Zeiten geblieben, als man sich bei DM-Konzerten als Nicht-Schwarzträger wie ein Außenstehender vorkam? Wo sind die Zeiten geblieben des hemmungslosen Vorsichhinleidens? Nix da "Pain And Suffering In Various Tempos". Denn mit dem Wechsel vom Synthie-Pop zum Mainstream-Rock hat sich auch das Publikum gewandelt. Natürlich nicht erst heute. Trotzdem überkam mich an diesem Abend erstmals bei einer DM-Show das Gefühl, mitten in einem verdammten U2-Konzert gelandet zu sein. Nicht falsch verstehen: Ich liebe DM. Daran wird sich auch nichts ändern. Ob ich mir allerdings einen weiteren ihrer Gigs antun werde, ist bei solch einem Umfeld zu bezweifeln. Mich nervt einfach dieses Übermaß an Konzert-Touristen mit ihrem unerträglichen Party-Gehabe. Was mich dann auch soweit brachte, bereits bei "Never Let Me Down Again" - dem vorletzten Song des Abends - den Ort des Geschehens zu verlassen. So eine Art Selbstschutz. Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen, wie eine gesamte Halle ein Lied mitgrölte, das mir so unendlich viel bedeutet. "Where Were You While We Were Getting High?"
Depeche Mode / The Bravery
16.02.2006 - Wien, Stadthalle.
[depechemode.com]
[thebravery.com]
Setlist:
A Pain That I'm Used To / John The Revelator / A Question Of Time / Policy Of Truth / Precious / Walking In My Shoes / Suffer Well / Damaged People / Home / I Want It All / The Sinner In Me / I Feel You / Behind The Wheel / World In My Eyes / Personal Jesus / Enjoy The Silence.
Encore 1: Shake The Disease / Just Can't Get Enough / Everything Counts.
Encore 2: Never Let Me Down Again / Goodnight Lovers.
wasix - 17. Feb, 15:14 - [2006 Konzerte]